Sucht und Komorbidität: Grundlagen für die stationäre Therapie
Sucht ist ein gesellschaftliches Problem von größtem Ausmaß. Es ist ein psychologisches, medizinisches, soziales und
ökonomisches Problem. So werden in Deutschland die wirtschaftlichen Folgekosten allein für alkoholbezogene Krankheiten auf
über 40 Milliarden Euro jährlich geschätzt.
Sucht ist ein hochkomplexes Störungsbild, zumal sehr viele Suchtkranke zusätzlich psychische Störungen aus dem gesamten psychiatrischen Spektrum aufweisen.
In diesem Buch wird der aktuelle Forschungsstand zu Ätiologie, Theorie, Komorbidität und Behandlung von Süchten aus
psychologischer Sicht kritisch aufgearbeitet. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem komplexen Feld der Komorbidität.
Die substanzgebundenen Süchte stehen im Vordergrund. Aber auch die sogenannten Verhaltenssüchte sind berücksichtigt. Es wird eine Theorie
zur Suchtentstehung und -erhaltung vorgestellt, die als Grundlage für Behandlungsansätze dienen kann.
Der Autor gibt einen kritischen Überblick über das deutsche Suchthilfesystem mit Schwerpunkt auf der stationären Entwöhnungsbehandlung und erörtert
den Stand der Effektivitätsforschung bezüglich der Suchttherapie.
Auf der Grundlage der Theorie zur Suchtentstehung und -erhaltung und den Handlungsstrategien bezüglich einer Entwöhnungsbehandlung stellt der
Autor ein Rahmenkonzept zur effektiven Entwöhnungsbehandlung unter Einbeziehung der Komorbidität dar. Dabei wird die Effektivität
der Therapie nicht wie üblich anhand der klassischen Indizes Abstinenz, Therapiebeendigung oder Arbeitsfähigkeit ermittelt, sondern die Entwicklung
von Komorbiditätsfaktoren gelten als Indikatoren des Therapieerfolges.
Diese Forschungsarbeit stellt einen neuen Ansatz der Effektivitätsforschung dar. Dabei ist das Wesentliche die direkte Verbindung
zwischen Praxis und Forschung
Die zentralen Fragen:
- Wie entstehen Süchte, was macht sie aus?
- Komorbiditäten – welche Rolle spielen sie?
- Wie effektiv sind die existierenden Behandlungsansätze und -strukturen, wenn man die Komorbiditäten berücksichtigt?
- Wie schneidet die stationäre Entwöhnungsbehandlung dabei ab?
- Was muss sich ändern, damit die Therapieeffektivität steigt und die Rückfallquoten sinken?
Die zentralen Thesen
Aus allen dargestellten Fakten und den Ergebnissen der eigenen Untersuchungen leitet der Autor seine zentralen Thesen ab:
- Komorbide Störungsbilder gehören als auslösende und aufrechterhaltende Faktoren zur Suchterkrankung und sind daher behandlungsbedürftig.
- Alle wissenschaftlich fundierten Angebote der Suchtkrankenhilfe haben ihren Platz im Hilfsangebot, können aber nur Brückenbehandlungen hin zur Abstinenz sein.
- Eine Entwöhnungsbehandlung ist eine nachgewiesenermaßen wirkungsvolle Behandlungsmethode für suchtkranke Menschen.
- Die Zuweisung zu Behandlungsangeboten sollte im Rahmen eines Case-Management stattfinden.
- Es gibt keine Alternative zur Abstinenzorientierung in der Suchtarbeit.
Insgesamt dient die Publikation als Baustein für eine effiziente Suchttherapieforschung und ist damit ein Brückenschlag zwischen
Suchtkrankenhilfe und Suchtforschung.
Was ist neu in der 2. Auflage?
Die vorliegende 2. Auflage wurde ergänzt durch ein Kapitel über „neue“ Drogen, die erst in den letzten Jahren in
den Fokus gerückt sind. Das Buch geht erstmals auf die Situation der Kinder suchtkranker Eltern ein. Außerdem wird die Einbindung der Suchtkrankenhilfe
in das deutsche Rehabilitationssystem beleuchtet.